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Der reichste Bürger Hamburgs

Martin Johann Jenisch d. Ä., Hamburger Kaufmann und Senator (1760-1827), Brief mit eigenhändiger Unterschrift, Hamburg 8. November 1802. Deutsche Handschrift auf Papier ("J. Kool"), ca. 24,5 × 20,3 cm, 1½ SS. auf 2 Bll. Rotes Lacksiegel, Poststempel "R.4 Hamburg". Zweites Blatt mit kleinem, öffnungsbedingten Randausriss. - € 250.

An die Weinhändler Schröder & Schyler in Bordeaux, denen er mitteilt, dass er momentan zwar nicht wisse, "ob und was Sie für mich in Wein angelegt haben", ihnen aber weitere Rimessen auf Maydieu und F. de Rodrigues - im Gesamtwert von fast 26000 Francs - übersende. Ob Schröder und Schyler diese "zu dem Wein Ankauf verwenden", zur "Speculation für mich schreiten" oder aber monatlich verzinsten, überlasse er "den Umständen und Ihrer Überlegung". Außerdem übersendet er ihnen zur eigenen Verwendung einen Gutschein über "2 Stück Rauchfleisch", das man damals im Land der Gaumenfreuden offenbar nicht ohne weiteres erstehen konnte.Martin Johann Jenisch d. Ä., der aus einem alten Kaufmannsgeschlecht stammte, konnte das Familienerbe beträchtlich erweitern, indem er neben dem traditionellen Warenhandel auf das Banken- und Versicherungsgeschäft setzte und weitreichende internationale Geschäftsbeziehungen, so nach Frankreich, Russland und die USA aufbaute. Durch internationale Spekulationsgeschäfte während der französischen Revolutions- und der Napoleonischen Zeit - wie sie der vorliegende Brief idealtypisch illustriert - erwarb Jenisch ein immenses Vermögen und war zum Zeitpunkt seines Todes der reichste Bürger Hamburgs. Für die Hansestadt war Jenisch auch politisch tätig, als Senator, aber - aufgrund seiner engen Beziehungen nach Frankreich - auch als Gesandter Hamburgs in Paris. Das Jenisch-Haus, der Jenisch'sche Stadtpalais und die Jenische Freischule zeugen noch heute von der einstigen Bedeutung der großen Kaufmannsfamilie. - Schröder & Schyler, das noch heute als Großhandelshaus von Qualitätsweinen fortbesteht, wurde 1739 von Hamburger Kaufleuten in Bordeaux gegründet, die jedoch während des 18. Jahrhunderts einen Großteil ihrer Gewinne mit amerikanischen Kolonialwaren erwirtschafteten, bevor sie sich im 19. Jahrhundert auf den Weinhandel spezialisierten. Ausgezeichnete und weitverzweigte internationale Geschäftskontakte trugen wesentlich dazu bei, dass Schröder & Schyler die schwierige Revolutionszeit weitgehend unbeschadet überstanden. Kluge Geschäftstaktiken, wie die Umgehung der Kontinentalsperre durch das Ausweichen auf amerikanische Schiffe, förderten den Erfolg des Handelshauses und machten es für visionäre Investoren wie Jenisch zum äußerst attraktiven Geschäftspartner.